Wrecking Crew


von Phil
19.01.2012

Mario als Abrissarbeiter? Zugegeben, Nintendos Klempner ist seiner eigentlichen Branche schon des Öfteren während seiner langen Karriere fremdgegangen. Seine Rolle als mutwilliger Zerstörer von baufälligen Immobilien im frühen Arcadetitel Wrecking Crew stellt dann aber doch eher einen seiner skurrileren Nebenjobs dar! Entsprechend unkonventionell spielt sich der Mix aus Action und Puzzle.

Anstatt mit scrollenden Levels wie im weltbekannten Super Mario Bros. muss in Wrecking Crew mit einer nur einen Bildschirm breiten, dafür aber zwei Bildschirme hohen Spielewelt vorlieb genommen werden. Schauplatz ist in den 100 Stages durchgehend eine Baustelle, auf der es Plattformen zu besteigen, Hindernisse zu überwinden und diversen Widersachern auszuweichen gilt. Ganz nebenbei müssen hierbei auch noch alle vorhandenen Betonwände und Leitern mit einem Hammer zertrümmert werden, bevor man sich dem nächsten Level widmen darf. Nach jeweils vier erfolgreich verwüsteten Baustellen darf man sich zur Auflockerung des Spielgeschehens dann in einer Bonusrunde auf eine klassische Münzjagd einstellen.

Wie in vielen Nintendo Arcadeklassikern der frühen NES Ära kann das Spielgeschehen sowohl am linken wie am rechten Bildschirmrand verlassen werden, um am jeweils anderen wieder aufzutauchen. Dies ist auch bitter nötig, da man den bizarren Gegnerscharen sonst noch hilfloser ausgesetzt wäre, als man es ohnehin schon ist. Wie auf jeder normalen Baustelle wird man von menschengroßen Auberginen und Schraubenschlüsseln durch die Gänge gejagt, was bei Berührung für ein jähes Ende von Marios Zerstörungstour sorgt. Des Weiteren wird man in späteren Levels von Bauleiter Spike verfolgt, der ebenfalls mit einem Hammer ausgestattet ist und nicht zögert, diesen gegen Mario zum Einsatz zu bringen, um ihn diverse Stockwerke nach unten zu befördern. Ob Spike der spirituelle Vorgänger von Marios späterem Widersacher Wario ist, wird man wohl nie erfahren; angesichts seines Aussehens und rüden Verhaltens gegenüber Nintendos Vorzeigestar liegt diese Vermutung allerdings nahe.

Wie setzt sich Mario nun zur Wehr? Zum Beispiel, indem er Ölfässer per Hammerschlag auf die Störenfriede hinab befördert oder indem er eine der zahlreichen Türen öffnet, um über diese die Gegner für gewisse Zeit in den Hintergrund des Spielgeschehens einzuschließen. Außerdem wären da ja noch die unzähligen Bomben, die praktischerweise über die gesamte Baustelle verteilt liegen und Zerstörungskettenreaktionen ermöglichen, sodass Mario sein Ziel der totalen Verwüstung noch schneller erreicht. Während dieser kann er außerdem über geheime Abrissabfolgen der Objekte Bonuspunkte und sogar einen goldenen Hammer erlangen. Letzteres durch Super Smash Bros. Brawl (Wii) berühmt gewordene Item ermöglicht doppelt so viele Schläge wie mit der Otto-Normal-Variante und mit richtigem Timing lässt dieses Schmuckstück von einem Werkzeug Mario Gegner aus dem Weg räumen und kurzzeitig durch die Luft schweben.

Was sich zunächst als reinrassiges Actionspiel präsentiert, wird mit fortschreitendem Spielverlauf immer puzzlelastiger. Denn ohne Vorausplanen der Zerstörungsroute landet Mario entweder direkt in den Fängen seiner Widersacher oder aber oftmals gar in einer Sackgasse: Zerstört man beispielsweise gewisse Leitern zu früh, so werden höhere Stockwerke unerreichbar, sodass die Stage nicht beendet werden kann. Dann heißt es, Mario entweder absichtlich ableben zu lassen oder sich per Kopfdruck direkt zum Titelbildschirm zurückbefördern zu lassen. Recht früh wird Wrecking Crew so zu einem Trial & Error Spielchen, das sicherlich nicht jedermanns Sache ist.

Wenn man es dennoch schaffen sollte, alle 100 bereits von Anfang an zugänglichen Levels zu absolvieren, so ist das Spiel trotzdem noch nicht zu Ende. Denn über einen eingebauten Leveleditor darf man nach Lust und Laune neue Baustellen erstellen und anschließend verwüsten. Aufgrund des fehlenden Batteriespeichers lassen sich diese in der westlichen Originalversion allerdings nicht dauerhaft sichern. In späteren Re-Releases über die Virtual Console wurde dieses Feature der japanischen Famicom Disk System Version jedoch nachträglich eingebaut. Übrigens verfügt Wrecking Crew auch über einen Zweispielermodus, in dem Mario und Luigi, die sich wie in anderen Frühwerken noch zum Verwechseln ähnlich sehen, abwechselnd, nicht aber simultan den Hammer schwingen dürfen.

Technisch präsentiert sich Wrecking Crew wie man es von einem Titel der frühen NES-Ära erwarten darf: Schwarze Hintergründe paaren sich mit eher grobpixeligen Figuren. Ein eher zweckmäßiger Stil, nicht mehr, nicht weniger. Der Soundtrack präsentiert sich währenddessen ebenso heiter wie wenig abwechslungsreich. Zwar laden die Stücke und Jingles zum Mitpfeifen ein und kommen für ein Abrisskommando ungewohnt fröhlich daher, ein bisschen mehr Vielfalt in dieser Kategorie hätte dem Titel jedoch nicht geschadet.

Alles in allem bleibt Wrecking Crew ein Ausflug Nintendos Vorzeigeklempners in ein Genre, das sich gar nicht so genau definieren lässt, aber gerade aus diesem Grund durchaus originell ist und seine Daseinsberechtigung hat. Es lässt sich allerdings nicht leugnen, dass Mario insbesondere auf dem NES eine Vielzahl an unvergesslicheren Abenteuern erlebt hat, an die man sich heutzutage aus guten Gründen eher zurückerinnert.


Wertung


5/10

Kommentare



Phil
Ich habe dem Spiel viele Chancen gegeben, so richtig warm geworden bin ich mit Wrecking Crew allerdings nie. Für ein paar Levels kann ich mich mit dem Titel durchaus beschäftigen, aber gerade auf den späteren Baustellen wird meiner Meinung nach der Spielfluss durch die häufig ausweglosen Situationen zu arg unterbrochen, um wirklich Spaß aufkommen zu lassen. Dabei sind mir Puzzleelemente in eher actionreicheren Spielen nicht per se zuwider. Vielleicht bin ich auch einfach nicht geduldig und frustresistent genug für das Spielprinzip eines Wrecking Crews…