Parodius


von Sokrates
24.04.2005

Die Hersteller sind in der Regel mehr als stolz auf die Produkte, mit denen sie die Märkte überschwemmen, obschon vielfach eigentlich kein Grund dazu bestünde. Verhältnismäßig wenige können mit gutem Gewissen vor die Leute treten, um mit Fug und Recht zu behaupten, einer echten Perle das Leben geschenkt zu haben. Konami gehört zweifelsfrei zu denjenigen, die in der NES-Ära besondere Akzente gesetzt haben, was sie alleine mit Castlevania und Probotector hinlänglich bewiesen haben. Auch Gradius, einer der coolsten Shooter überhaupt, gehört zu jenen Meilensteinen, von denen man noch Jahre später nicht genug kriegt. Billige, ironische Kopien von Erfolgsspielen sind keine Seltenheit und zeugen in wenigen Fällen von großem Ideenreichtum und doch gibt es auch unter diesen sogenannten Nachahmungen zumindest ein Spiel, das besondere Beachtung verdient. Konami wagte mit Parodius etwas ganz und gar Außergewöhnliches: Sie inszenierten eine Parodie auf Gradius, das sie selbst auf den Markt gebracht hatten und mit dem sie nicht geringe Erfolge verzeichnen durften. Die Idee scheint auf Anhieb so grotesk, dass sie schon wieder genial ist und da wirkt sich auch die Tatsache, dass im Grunde genommen genau dasselbe Gameplay verwendet wurde, nicht im Geringsten störend.

Beim ersten Menü angelangt, wird der Spieler zunächst vor die Qual der Wahl gestellt, denn es geht darum, die Flugmaschine für die bevorstehenden Missionen anzuwählen. Obschon es sich um einen klassischen Shooter handelt – die sich normalerweise im Weltraum abspielen – wäre es vermessen, hier von Raumschiffen zu sprechen. Da stehen ein niedlicher Octopuss, ein Pinguin und sogar Twinbee, bekannt aus einer anderen Shoot 'em Up-Serie von Koanmi, zur Auswahl. Ganz nebenbei darf man sich aber auch für Vic Viper, die Kampfmaschine aus dem legendären Gradius, entscheiden, wenn einem die anderen Figuren irgendwie zu verrückt erscheinen. Sobald das Spiel losgeht erkennt man unweigerlich, dass man mit einem Knuddeltier in der gebotenen Umgebung gar nicht so fehl am Platz ist. Der seitwärts scrollende Bildschirm offenbart immer neue, knallbunte Hintergründe mit ebenso farbenfrohen Gegnern, die ihr Möglichstes unternehmen, dem wackeren Raumfahrer den Garaus zu machen. Es ist also empfehlenswert, den Geschossen und den Feinden selbst mit respektvollem Abstand zu begegnen, da die Leben kämpfender Fantasieflieger leider allzu schnell aufgebraucht sind. Durch das Abschießen der Widersacher erscheinen glücklicherweise hilfreiche Extras, mit denen man dem Gefährt allerlei nützliches Zubehör beifügen kann, worauf das praktisch unvermeidbare Ableben etwas hinausgezögert werden kann. Unvermeidbar? Ihr habt richtig gelesen! Bis man wirklich das Ende des Spiels erreicht (wenn überhaupt), vergeht phänomenal viel Zeit, in der man den Controller-wegwerf- und den Controller-beiß-Impuls kaum zu unterdrücken vermag. Jeder Spieler wünscht sich eine angemessene Herausforderung, schließlich möchte er auch was fürs Geld geboten bekommen. Doch die Entwickler können es auch übertreiben, was beim unmenschlich hohen Schwierigkeitsgrad in Parodius leider geschehen ist. Es braucht eine große Portion Durchhaltevermögen, eine Handvoll Nerven und eine Prise flinke Finger, um sich allen riesigen, Konami-typischen Endgegnern stellen zu können. Ob dies Motivation genug ist, um die niemals enden wollenden Torturen von Parodius zu ertragen, muss jeder für sich entscheiden.

Leider ist der Schwierigkeitsgrad nicht die einzige, erwähnenswerte Schwäche des Spiels, denn offenbar haben die Entwickler nach dem Feiern der Gameplay-Orgie nicht mehr ganz so viel Zeit in die technische Umsetzung gesetzt. Der Sound ist – wie wir es von Konami gewohnt sind – ein Sahnestückchen, doch irgendwie versäumten sie es, der ständigen Flackerei und dem heftigen Geruckel ein Ende zu setzen, weshalb das eigentlich erwartete Highspeed-Gefühl und die üblicherweise flüssigen Animationen regelrecht abgewürgt werden. Die Bewältigung der überirdischen Herausforderung wird durch das ständige Flackern nicht gerade erleichtert, da die zahlreichen feindlichen Geschosse zum Teil wirklich schlecht sichtbar sind und die Ausweichmanöver dadurch zur Lotterie werden.

So entstand also ein Spiel, das an Witz, Ideenreichtum und Ironie kaum zu überbieten ist, jedoch durch eine traurige technische Umsetzung und einen haarsträubenden Schwierigkeitsgrad erheblich getrübt wird. Erst in der Realisierung der SNES-Version erreichte Konami das erstrebte, geniale Spiel. Natürlich können wir das NES nicht mit den technischen Möglichkeiten des SNES vergleichen, doch mit etwas mehr Wille, Zeit und Muse hätte man einen Titel zustande gebracht, der auf dem NES seinesgleichen sucht.


Wertung


6/10

Kommentare



Sokrates
Selten habe ich so gelacht bei einem Spiel wie bei Parodius. Fantastische Ideen und eine Unmenge von Gags dringen praktisch ununterbrochen auf den Spieler ein und so ist es auch nicht weiter verwunderlich, wenn man unweigerlich am Fernseher klebt, heiß begierig auf die nächste Überraschung. Beinahe hätte ich beim Versuch, das Spiel zu Ende zu bringen, die Flinte ins Korn geworfen, bis sich schließlich doch noch der Ehrgeiz des alten Spielers in mir zu Wort meldete. Der Stolz darüber ist enorm, doch ich glaube nicht, dass ich es noch einmal schaffen werde. Trotz der im Test erwähnten Mängel ist es für mich eines der besten Spiele auf dem NES (sogar besser als Gradius).



Yamato
Wer nach den famosen SNES- und Game Boy-Versionen von Parodius den Fehler macht, mit hohen Erwartungen an die NES-Umsetzung heranzutreten, wird leider maßlos enttäuscht: Kaum ein NES-Spiel ist dermaßen von nervigen Ruckel- und Flackerorgien geplagt, wie diese Parodius-Variante. Über weite Distanz hat man das Gefühl, durch zähflüssigen Brei zu manövrieren, was den Charm des brillanten Originals für mich in herzhaftem Gähnen untergehen lässt. Kaum zu glauben, dass sich Konami mit dieser lieblosen Umsetzung seinerzeit auf den Markt wagte...



Seppatoni
Auf dem SNES haben mich die ersten beiden Parodius-Teile begeistert wie kaum ein Shoot ’em up. Die Verulkung von Konamis Klassiker Gradius wartet mit genialer Spielbarkeit gepaart mit exzellenter Technik auf. Die NES-Version des ersten Teils ist inhaltlich nahezu identisch mit dem Original, auch hier ist für Lacher gesorgt und dank ausgezeichneter Steuerung und dem Hammer-Soundtrack entsteht auch ein guter erster Eindruck. Doch spätestens ab Stage 2 wird die klasse Grafik für das NES zu viel und das ganze artet in eine hässliche Ruckelorgie mit teils extremen Slowdowns aus. Hier wäre weniger eindeutig mehr gewesen. Das Spiel ist zwar nach wie vor unterhaltsam, wer aber ein SNES oder Game Boy sein Eigen nennt, der ist mit denjenigen Versionen des Titels wesentlich besser beraten.