Cocoron


von Yamato
12.01.2004

Von den unzähligen japanischen Videospielen schaffen bekanntlich eine ganze Reihe niemals den Weg nach Übersee. Auch Cocoron aus dem Hause Takeru ereilte dieses Schicksal und erschien weder in einer Umsetzung für das amerikanische-, noch für das europäische Nintendo Entertainment System. Was sich hinter diesem sonderbaren Titel verbirgt, soll euch mit diesem Gamecheck offenbart werden.

Die Story von Cocoron dreht sich soweit wir sie verstehen konnten um ein Tapir-ähnliches Zauberwesen, welches den Spieler auf ein Abenteuer in der Traumwelt einladen möchte. Das Spiel ist in erster Linie ein Jump 'n' Run, allerdings mit dem großen Unterschied zu anderen Ablegern dieses Genres, dass ihr euch zu Beginn eine individuelle Spielfigur erstellen dürft. Dabei stehen euch wie in einem Baukasten 24 Köpfe, 16 Körper sowie 8 völlig unterschiedliche Waffen zur Verfügung, wobei die Kombination dieser Teile die Menge der Lebensenergie, die Geschwindigkeit und die Sprungkraft des Charakters bestimmt. Die Auswahl hätte dabei abwechslungsreicher nicht sein können: Vom Helden, Ninja, Roboter, Alien, Krieger, Drachen bis hin zum Monster ist echt alles mit dabei.

Entscheidet ihr euch dann beispielsweise für eine sehr leichte Figur, wird eure Kreation zwar in der Lage sein, blitzschnell zu laufen und hoch zu springen, auf der anderen Seite aber auch nur sehr wenige Treffer wegstecken können. Stellt ihr dagegen eine recht schwere Figur zusammen, könnt ihr zwar mit enorm viel Lebensenergie trumpfen, auf der anderen Seite aber auch nur im Schneckentempo durch die Levels streifen, wobei die geringe Sprungkraft dann auch noch zur Folge hätte, dass manche höher gelegene Gegenstände mitunter gar nicht mehr erreichbar sind. Das ist aber längst nicht alles! Hinzu kommt noch, dass einige der anwählbaren Körper Spezialeigenschaften haben. Die Rüstung verringert beispielsweise das Schadensvermögen der Gegner, während der Jet und die Flügel euch nach einem Sprung für jeweils unterschiedliche Zeit in der Luft schweben lassen. Das Boot ermöglicht eurer Figur auf dem Wasser zu schwimmen und der Buggy schließlich gibt eurem Charakter selbst auf Gefällen sicheren Halt.

Die 8 Waffen sind allesamt völlig unterschiedlich und können durch das Einsammeln von Power-Ups über mehrere Stufen aufgerüstet werden. Zur Wahl stehen euch beispielsweise ein Boomerang, Ninjawurfsterne, aber auch so skurrile Waffen wie Baseball und Bleistift. Entscheidet ihr euch dann zum Beispiel für den Boomerang, wird dieser nach jeweils 5 eingesammelten Power-Ups immer größer und größer, bis euch schließlich noch ein zweiter und ein dritter Boomerang zur Verfügung steht. Die Möglichkeiten des Charakterbaukastens sind wie ihr seht schier unbegrenzt und es gibt irrsinnig viel auszuprobieren.

Habt ihr euch schließlich für eine Spielfigur entschieden, verpasst ihr dem Recken noch aus einer Palette japanischer Schriftzeichen einen (wahrscheinlich sinnlosen) Namen und schon findet ihr euch auf der Weltkarte wieder, die in 5 Areale eingeteilt ist: Gebirge, Schloss, Milchsee, Feenwald und Sternenhügel. In der Mitte befindet sich noch das Haus, von wo aus die Reise ins Traumland startet. Zwar sind all diese Levels allesamt ein klein wenig kurz geraten, verlangen euch dank des moderaten Schwierigkeitsgrades aber trotzdem viel Konzentration ab, zumal es innerhalb eines Areals keine Checkpoints gibt und ihr nach Verlust eines Lebens daher wieder am Start beginnen müsst. Aus diesem Grund ist auch das Aufrüsten eurer Waffe sehr wichtig, da sich mit den jeweiligen Standartausführungen nur mit viel Geschick ein Level meistern lässt. Lasst es euch also nicht nehmen, so viele Gegner wie möglich auf eurem Weg zu besiegen, da jeder davon ein buntes Ei hinterlässt, welches wertvolle Lebensenergie, wie auch die begehrten Waffen Power-Ups und andere Extras beinhalten könnte.

Im Verlauf des Abenteuers bekommt ihr nach jedem besiegten Zwischengegner die Möglichkeit, aus den verbliebenden Teilen des Charakterbaukastens eine weitere Spielfigur zu erstellen. Insgesamt tragt ihr so 6 Figuren zusammen, von denen ihr nach jedem gemeisterten Level oder verlorenem Leben den Fähigkeiten entsprechend eine geeignete für den weiteren Verlauf des Spiels auswählt - Abwechslung pur! Dabei spielt sich Cocoron dank der präzisen und unkomplizierten Steuerung stets sehr gut (vergleichbar mit den "Mega Man"-Spielen von Capcom) und es macht viel Spaß, die einzelnen Waffen und somit auch die Charaktere selbst zu verbessern. Ein Glück, dass eure Erfolge auf dem Batterie-gestützten Speicher gesichert werden können.

Genial ist übrigens auch, wie die einzelnen Areale ineinander übergreifen. Habt ihr einen Level überstanden und das nächste Ziel angepeilt, lauft ihr der Weltkarte entsprechend zuerst noch einmal durch den gerade erst geschafften Level, dann über zwischenliegende Areale, bis ihr schließlich am eigentlichen Ziel ankommt. Somit entsteht eine Vielzahl an Kombinationsmöglichkeiten, welche es fertig bringen, die etwas geringe Anzahl an Levels ein wenig auszugleichen, da jede Route unterschiedlich ist. Etwa kurz nach der Hälfte des Spiels wird diesem Prinzip übrigens eine entscheidende Bedeutung beigemessen, da es dann darauf ankommt, einen verborgenen Raum zu finden. Erst dann gelangt ihr in die weiteren Levels, welche linear zum Endgegner des Spiels führen. Der ist übrigens auch eine Überraschung, aber mehr wird an dieser Stelle natürlich nicht verraten.

Optisch wird in Cocoron einiges geboten. Die Traumwelt erstrahlt in bunten Farben mit viel Detail und wurde sehr phantasievoll in Szene gesetzt. Alles passt perfekt ins Setting und das Gegnerdesign ist da nicht anders - fliegende Pandas, Gürteltiere, die ihre Körperpanzerung als Fallschirm nutzen, Cheerleadermäuse und andere Traumwesen wurden hervorragend gestaltet. Auch die am Ende eines jeden Levels lauernden Zwischengegner beeindrucken durch ihre bildschirmfüllende Größe und verlangen von euch stets überlegtes Vorgehen. Abwechslungsreichtum wird auch hier groß geschrieben - in welchem Spiel darf man schon gegen den Mond "persönlich" antreten? Leider bricht die Framerate bei besagten Kämpfen gelegentlich etwas ein, sobald sehr viel Action auf dem Schirm ist, was aber nicht allzu schlimm ist, da dies den Spielfluss kaum stört. Die musikalische Untermalung von Cocoron kann ebenso wie die Grafik absolut überzeugen. Der Soundtrack passt jederzeit zum Spielgeschehen und besticht durch einprägsame Kompositionen wie auch hohe technische Qualität. Besonders die Musik auf der ersten Route ist echt ohrwurmverdächtig.

Insgesamt gesehen ist Cocoron für jeden Jump 'n' Run Fan ein absolutes Muss und kann dank der geringen Sprachhürde allen Importfreunden nur wärmstens empfohlen werden. Verrührt mit ungewöhnlichem Setting liefert Takeru mit diesem Spiel ein originelles Gameplay, bei dem besonders Leute auf ihre Kosten kommen werden, die gerne eigene Charaktere erstellen und trainieren. Zu bemängeln bleibt einzig und allein der etwas geringe Umfang des Spiels, da euch nach gut zwei Stunden Spielzeit bereits der Abspann entgegenflimmert. Da hilft eben nur, einen neuen Charakter zu kreieren und wieder von vorne zu starten ;)


Wertung


9/10

Kommentare



Yamato
Es ist eine Schande, dass dieses Spiel in unseren Gefilden so unbekannt ist, denn mit seinem innovativen Charaktersystem und originellen Gameplay gehört Cocoron definitiv zu den besten Jump 'n' Runs für Nintendos 8-Bit Konsole. Schade ist nur, dass die Story wegen der Sprachhürde etwas unverständlich ist, aber das kann in diesem Genre eigentlich auch egal sein, solange die allgemeine Atmosphäre rüberkommt. Importfreunde greifen definitiv zu.



Seppatoni
Ich hab mir den Titel auf Empfehlung von Yamato besorgt und wurde nicht enttäuscht. Die knallbunten Levels sind gespickt mit witzigen Ideen und zahlreichen Gags und auch die Kombinationsmöglichkeiten beim Erstellen der Helden sind teils ziemlich abgefahren. Gepaart mit einer makellosen Technik und einer ausgezeichneten Steuerung ergibt sich ein gelungenes Jump 'n' Run, das sich kein Import-Freund entgehen lassen sollte. Etwas mehr Umfang hätte jedoch nicht geschadet.