Captain Planet
von Seppatoni
18.04.2021
Mit Captain Planet debütierte 1990 ein neuer Superheld auf den TV-Bildschirmen dieser Welt. Im Gegensatz zu vielen Vertretern seiner Branche ging es bei ihm jedoch nie um Geld oder Macht, sondern vor allem um den Schutz der Umwelt. Die Serie lief bis 1996 (ab 1993 als The New Adventures of Captain Planet) und umfasste insgesamt 113 Folgen. In Deutschland wurde Captain Planet ab 1992 auf RTL Plus ausgestrahlt. Wie so manch andere populäre TV-Show dieser Zeit, zog auch Captain Planet and the Planeteers, so der Originalname der Serie, verschiedene Videospielumsetzungen nach sich. Für die NES-Variante zeigte sich Chris Geay Enterprises verantwortlich, die von Mindscape veröffentlich wurde.
Die Hintergrundgeschichte des Spiels weicht dabei nur unwesentlich von der Serie ab. Die Zerstörung der Erde durch die Dummheit und Habgier der Menschheit ruft Gaia, die Mutter der Erde, auf den Plan. Sie verteilt 5 Ringe mit magischen Kräften an fünf Auserwählte dieser Welt. Zusammen bilden Sie das Planetenteam – im Original die Planeteers. Mit Hilfe des Fingerschmucks können Sie die Kräfte der 5 Elemente Erde, Feuer, Wind, Wasser und Liebe einsetzten. Ist die Not groß, so lassen sich all ihre Fähigkeiten vereinen, wodurch Captain Planet gerufen wird, um den Schurken das Handwerk zu legen.
Die NES-Version bietet insgesamt 5 Einsätze, die euch auf der Jagd nach den aus der Trickserie bekannten Bösewichten rund um den Globus führen. So versucht Raffgier den atlantischen Ozean zu verseuchen, Dr. Plage und ihr Supercomputer wollen den Giftmüll im Yellow Stone National Park entsorgen, Plünder King geht in Afrika auf Elefantenjagd und in der Antarktis ist Graf Atomar dabei das Ozonloch zu vergrößern. Jede Mission ist dabei in zwei Abschnitte unterteilt. In der ersten Stage kommt jeweils das Planetenteam zum Einsatz. Mit ihren umweltfreundlichen Fortbewegungsmitteln Öko-Kopter, Öko-Boot und Geo-Flieger gilt es zum Versteck der Fieslinge zu gelangen. Der Weg dahin ist je nach Level unterschiedlich. In einigen Regionen müsst ihr euch in bester Shoot 'em up-Manier durch Gegnerhorden ballern, andere wiederum erfordern das Erfüllen bestimmter Aufgaben. Hier kommen auch die Kräfte der Elemente ins Spiel.
Diese lassen sich nicht nur im Kampf als Schutz- und Angriffstechniken einsetzen, sondern eignen sich auch für andere nützliche Zwecke. Jagt ihr beispielsweise einen flüchtigen Lastwagen, gefüllt mit hochgiftigem Müll, so könnt ihr diesen durch Einsatz des Erd-Elements mit einem Felsbrocken abrupt stoppen. Trefft ihr auf Tiere, könnt ihr durch die Kraft der Liebe Ihre Unterstützung gewinnen. Meeresbewohner versenken feindliche Fangschiffe mitsamt ihren Netzen, befreite Elefanten trampeln Raketenabschuss-Stationen nieder und Pinguine räumen für euch Schneemassen aus dem Weg.
Habt ihr euer Fahrzeug erfolgreich am Ende des Abschnitts gelandet, wird Captain Planet gerufen. Im zweiten Teil der Mission übernehmt ihr dessen Kontrolle und manövriert ihn durch die Basis der Umweltsünder. Dort warten in erster Linie zahlreiche Fallen auf den stärksten Verteidiger der Erde. Undichte Rohre mit giftigem Schleim, zermalmende Schrottpressen und giftige Flüssigkeiten drohen ihm Einhalt zu gebieten. Ähnlich wie das Planetenteam kann sich Captain Planet mit Hilfe der verschiedenen Kräfte kann sich Captain Planet gegen die Gefahren schützen. Zur Wehr setzt er sich mit Faustschlägen. In den labyrinthartig aufgebauten Stages findet er immer wieder schwarze Boxen, welche hilfreiche Items wie ein Schild für kurze Unverwundbarkeit, Lebensenergie in Form eines Kristalls oder eine Faust, die gleich die komplette Lebensleiste auffüllt. Findet er gar das Erdsymbol gibt es ein Extraleben. Schafft es der Captain bis ans Ende der Basis, wartet dort der Boss in Form des Umweltsünders auf ihn.
Die Steuerung fällt soweit ordentlich aus, nervig ist jedoch gerade in hektischen Momenten das Wechseln der Fähigkeiten mit dem Start-Knopf. Mit den 10 teils recht großen Abschnitten überzeugt das Spiel in Sachen Umfang. Dazu gesellt sich der hohe Schwierigkeitsgrad, der euch so manche zusätzliche Stunde an dem Spiel knabbern lässt. In technischer Hinsicht ist das Spiel eine Enttäuschung: Die wenigen Musikstücke bieten kaum Abwechslung und kommen stumpf und eintönig daher. Unterstützung in Form von Soundeffekten gibt es ebenfalls keine, diese sind nämlich kaum vorhanden. Auch grafisch macht das Spiel einen schlichten und vor allem lieblosen Eindruck. Fallen und Hintergründe sind teils kaum voneinander zu unterscheiden, die Sprites verfügen, wenn überhaupt, nur über wenige, hölzerne Animationen. Einzig Captain Planet und seine Elementkräfte sind halbwegs gelungen.
Spielerisch wartet das Spiel mit einigen netten Ideen auf, die jedoch vom teils unfairen Schwierigkeitsgrad und etlichen Designmängeln in Grund und Boden gestampft werden. Zu oft artet das Spielgeschehen in Trial & Error-Passagen aus, die dem Spieler auch das letzte bisschen Spass austreiben. Einlagen wie die Jagd im Hubschrauber verzeihen nicht den geringsten Fehler und sorgen ausschliesslich für Frust. Die Abschnitte mit Captain Planet sind oftmals geprägt von der mühsamen Sucharbeit nach dem richtigen Weg, der letzte Abschnitt in der Antarktis ist diesbezüglich die Krönung.
Somit ist Captain Planet and the Planeteers am Ende nur ein weiteres Beispiel für ein komplett misslungenes Lizenzspiel. Die an und für sich guten Ansätze können nicht über die gravierenden Mängel hinwegtäuschen. Die miserable Präsentation gepaart mit den haufenweisen unfairen Stellen, spassfreiem Leveldesign und dem übertrieben hohen Schwierigkeitsgrad vertreiben auch den grössten Verfechter des Captains. Bevor ihr diesem Spiel Zeit und Geld widmet, investiert dies besser direkt in den Umweltschutz. Wenn uns Captain Planet am Ende seiner Folgen immerhin eines gelehrt hat, dann: „Du hast die Macht!“
Wertung
2/10
Kommentare
Seppatoni
In der ersten Club Nintendo-Ausgabe, die ich 1992 erhielt, wurde Captain Planet and the Planeteers vorgestellt. Da die Serie zu dieser Zeit auch im TV lief, hatte der Bericht auch meine Aufmerksamkeit. Geholt habe ich mir das Spiel damals aber nie – zum Glück! Als sich Jahre später das Spiel in meine Sammlung schlich, stach schonmal die billige Aufmachung der Verpackungsfront heraus, dazu gesellten sich zahlreiche Schreibfehler auf der Rückseite. Ein Vorbote für das, was da im Spiel noch kommen sollte. Selbst für Verhältnisse üblicher misslungener Lizenzumsetzungen ist Captain Planet nochmals eine ganze Stufe schlechter ausgefallen. Von der Grafik, über den Sound bis zum Gameplay – einfach alles ist hier komplett missraten.