U-Force: Power Field Controller

von Seppatoni
05.05.2016

Mit der EyeToy-Kamera für die PlayStation2 versuchte Sony 2003 die Gestiksteuerung in der Welt der Videospiele zu etablieren. Microsoft brachte Ende 2010 Kinect für die Xbox360 auf den Markt, welches in Sachen Präzision und Möglichkeiten einen großen Schritt weiter ging. Tatsächlich gab es aber bereits viel früher erste Versuche, Videospiele ohne Controller in den Händen spielbar zu machen. Einer davon war das U-Force vom US-Hersteller Broderbund.



Der U-Force-Controller wurde auf der Consumer Electronics Show 1989 vorgestellt und noch im selben Jahr – unterstützt von einem actionreichen TV-Werbespot – veröffentlicht. Angepriesen als „Power Field Controller for your Nintendo Entertainment System“ sollte er für eine neue Dimension in der Welt der Videospiele sorgen. Oder, um weiter aus der Anleitung zu zitieren:

„With the amazing U-Force Power Field Controller, your body movements control the action on the screen. You touching nothing, yet U-Force knows your every move. You really play each game, instead of just pushing buttons. You’ll use different skills, and feel new thrills, for every game you play“.


Aufbau und Funktion


Große Worte, die viel versprechen und Erwartungen wecken. Aber was ist das U-Force bzw. ein „Power Field Controller“ überhaupt? Es handelt sich dabei um ein stabil verarbeitetes, aufklappbares Zubehör, das an den Controller-Port des NES angeschlossen wird (aufgrund der Controller-Einschränkungen funktioniert das U-Force nicht mit PAL-Geräten). Auf jeder Seite weist das U-Force 5 Sensoren auf: vier davon auf dem zentralen Feld plus einen Sensor ganz am Rand des Geräts. Laut Anleitung kreiert das U-Force mittels dieser Sensoren ein dreidimensionales Kraftfeld, in welchem die Position und die Bewegung von Objekten erfasst wird. Dabei kann das U-Force in verschiedenen Positionen genutzt werden. Die Standard-Position ist die aufgeklappte Version, bei welcher der untere Teil auf dem Tisch liegt und der obere hochgeklappt ist. Je nach Anwendung ist darauf zu achten, dass der Winkel in etwa 110° oder 85° beträgt, damit das U-Force funktioniert. Zusätzlich kann es komplett flach und quer auf den Tisch gelegt werden. Und für Transportzwecke kann sich das ganze auch wie ein Koffer zusammenklappen lassen.

Dem U-Force beiliegend erhaltet ihr auch weiteres Zubehör in Form der sogenannten Power Bar und einem T-Bar Handle. Bei der Power Bar handelt es sich um einen kleinen Kunststoffbalken, welcher im Boxspiel Punch-Out!! zur Anwendung kommt und bei der Standard-Position in die dafür vorgesehenen Löcher gesteckt wird. Der T-Bar-Handle erinnert hingegen eher an einen Fahrradlenker und kann seitlich mit zwei Firing Grips ergänzt werden. Der T-Bar-Handle wird in die angebrachte Vertiefung gesteckt und kann durch entsprechende Neigungen in alle möglichen Richtungen das Steuerkreuz ersetzen. Die Firing Grips hingegen simulieren A und B und werden durch die oben angebrachten Knöpfe betätigt. Der Befehl wird an die darunter positionierten Sensoren übermittelt.

Am unteren Ende des U-Force finden sich mit einem Start- und Select-Knopf auch zwei herkömmliche Buttons. Rechts davon gibt es verschiedene Schalter. Die Turbo Switches aktivieren wahlweise für A oder B entsprechende Dauerfeuerfunktion. Wesentlich wichtiger sind jedoch die Game Switches. Es handelt sich um 4 nebeneinander angeordnete Schalter, welche je nach Position über die Art der Eingaben und Funktion des U-Force bestimmen. Insgesamt 6 unterschiedliche Funktionsmodi gibt es. In der Anleitung finden sich dazu passend Empfehlungen für über 60 Spiele, welche Variante jeweils angewendet werden soll. Für 6 Spiele gibt es sogar detaillierte Anweisungen, wie diese optimal mit dem U-Force spielbar sind. Anhand dieser Beispiele haben wir das Gerät einem Test unterzogen. Nachfolgend ein kurzes Fazit zu jedem dieser Spiele.


Punch-Out!!



Mit der eigens für dieses Spiel erstellten Power Bar ausgerüstet, wird das U-Force in der Standardposition aufgestellt. Durch Boxbewegungen gegen die oberen bzw. unteren Sensoren des hochgeklappten Teils erfolgen jeweils Schläge gegen Kopf und Unterleib. Zum Ducken wird die Hand links oder rechts von der Power Bar hingehalten. Geblockt wird mittels Select-Taste. Ein Wedeln über den oberen Screen bringt Little Mac nach einem Niederschlag wieder auf die Beine. Dies funktioniert auch in der Praxis mit etwas Übung überraschend gut und macht Spaß. Sobald die Kämpfe aber etwas anspruchsvoller werden, werden die Schwächen des U-Force aufgezeigt. Im Gegensatz zu einem normalen Controller ist die Eingabe natürlich wesentlich langsamer. Und auch weist die Anleitung darauf hin, dass U-Force nicht immer so schnell reagieren kann wie die Eingabe erfolgt, entsprechen können auch gewisse Aktionen teils nicht registriert werden. Vor allem das Ausweichen gestaltet sich teils etwas mühsam. Dennoch vermittelt das U-Force eine äußerst spaßige Spielerfahrung bei Punch-Out!!.


Top Gun



Im Standardmodus dürft ihr das U-Force mit der T-Bar-Handle ausrüsten und diesen wie den Steuerhebel eines Flugzeugs einsetzen. Neigungen nach vorne senken das Flugzeug, beim Zurückziehen geht es in den Steigflug. Durch Bewegungen nach links und rechts fliegt ihr in die entsprechende Richtung. Mit den Firing Grips schießt ihr Raketen ab oder ballert die Gegner mit der Standardkanone vom Himmel. Die Steuerung offenbart sich leider als recht ungenau, das Anvisieren von Gegnern fällt oftmals nicht ganz leicht. Den Dauerfeuer-Modus zu aktivieren schafft hier etwas Abhilfe. Ebenfalls nicht unbedingt förderlich ist, dass während unserem Test öfters mal die Kalibrierung verloren ging und das Flugzeug beispielsweise ständig im Steigflug war und gar kein Sinkflug mehr eingeleitet werden konnte. Trotz anfänglich nettem Fluggefühlt mit dem Steuerknüppel konnte das U-Force hier leider nicht überzeugen. Alternativ kann übrigens auch ohne T-Bar nur mit Handbewegungen gespielt werden.


Rad Racer



Auch hier kommt der T-Bar-Handle wieder zum Einsatz. Mit Bewegungen nach links und rechts wird gelenkt, mit den Firing Grips beschleunigt und die Bremse betätigt. Der Turbo wird mittels Neigung nach vorne ausgeführt. Wie bei Top Gun offenbaren sich auch hier immer wieder Schwierigkeiten mit der Kalibrierung, was die Ausführung des Turbos noch umständlicher macht. Hinzu kommt, dass das Spiel gelegentlich unfreiwillig pausiert, obschon eigentlich nur der Start-Knopf dafür vorgesehen ist. Leider auch bei Rad Racer kein überzeugendes Resultat für den U-Force-Controller.


Excitebike



Zumindest rein optisch passt der T-Bar-Handle ja durchaus zu einem Lenker eines Motorrades. Aber mit dem Spiel selber verträgt sich dieser in Verbindung mit dem U-Force leider nicht allzu gut. Mit den Firing Grips wird beschleunigt und der Turbo gezündet (und nicht gebremst, obwohl dies in der Anleitung vermerkt ist). Mit Schwenkern nach links und rechts wechselt ihr die Spur nach oben und unten, was aufgrund der Perspektive durchaus verwirrend sein kann. Mit Neigungen nach vorne und hinten lehnt ihr euch in die entsprechende Richtung. Wie bei allen Spielen mit T-Bar-Handle anscheinend üblich, kam es auch hier zu Problemen mit der Kalibrierung. Kurz und bündig: Unbrauchbar!


Super Mario Bros.



Für diesen Super-Klassiker gibt es zwei empfohlene Steuerungsoptionen: Einmal mit T-Bar-Handle und einmal in flacher, aufgeklappter Form. Für unseren Test haben wir uns für letztere Variante entschieden. Mit der linken Hand steuert ihr mit den beiden unteren Sensoren Mario nach links und rechts. Auf der rechten Seite könnt ihr beim Sensor unten rechts mit einer kleinen Sprungbewegung den Klempner zum Hüpfen animieren. Je nach Geschwindigkeit und Reichweite eurer Bewegung wirkt sich dies auch auf die Höhe des Sprungs aus. Mittels Sensor links daneben schmeißt ihr Feuerbälle oder rennt schneller. Für Bewegungen nach unten (Ducken, Röhren betreten) oder oben (Bohnenranken hochklettern) dienen die Sensoren ganz am Rand links bzw. rechts. Dies gestaltet sich zu Beginn als recht verwirrend, aber nach kurzer Zeit kann man Mario dadurch in der Tat vernünftig kontrollieren. Allerdings fehlt die Präzision und Geschwindigkeit eines normalen Controllers, die vor allem in späteren Levels benötigt wird. Für die ersten Stages kann man aber durchaus Spaß mit der alternativen Steuerung haben. Als nervig entpuppte sich hingegen das grundlose Pausieren, das selbst mit einem Druck auf den dafür vorgesehenen Start-Button nicht beendet werden konnte. Die Pause wurde auch nach einiger Zeit jeweils ohne Einwirkung von selber wieder beendet.


Kung Fu



Als letzter Titel wird Kung Fu näher vorgestellt. Wie bei Super Mario Bros. wird auch hier das U-Force flach hingelegt. Mit der linken Hand lenkt ihr Protagonist Thomas nach links und rechts, mit den unteren beiden Sensoren rechts führt ihr Tritte oder Faustschläge aus. Mit den Sensoren ganz links bzw. rechts außen wird geduckt und gesprungen. In der Praxis artet dies mehr oder weniger in unkontrolliertem Gezucke aus, das aufgrund der rasch nahenden Gegnermassen und benötigter gezielter Angriffe viel zu langsam und unbrauchbar ist.


Fazit


Dem U-Force Controller werden in der Praxis die Schwächen gnadenlos aufgezeigt. Der Input via Gesten ist spürbar langsamer als durch einfaches Knöpedrücken. Auch mit der Erkennung der Aktionen hapert es zum Teil. Als nahezu unbrauchbar offenbart sich die Steuerung mit dem T-Bar-Handle. Die Probleme mit der Kalibrierung lassen eine Spielesession auf einmal abrupt in eine unkontrollierbare Mission ausarten. Mit Super Mario Bros. oder vor allem Punch-Out!! zeigt das U-Force jedoch, dass durchaus Potenzial in dem Gerät steckt und es grundsätzlich auch für eine Menge Spaß sorgen kann. Außer hinsichtlich des verblüffenden Effekts bei den ersten Anspielversuchen und des durchaus witzigen Spielgefühls kann es das U-Force aber in keiner Weise mit der Standard-Steuerung mittels Controller aufnehmen, da die Spiele schlichtweg nicht auf den Power-Field-Controller ausgerichtet sind. Selbst Broderbund verweist in der Anleitung darauf, dass man mit dem U-Force wohl keine neuen Highscores aufstellen wird und manche Games durch die Verwendung schwieriger zu meistern seien, aber sich mit Geduld und einigen Versuchen ein völlig neues Spielerlebnis einstellen und der Spieler das Geschehen wirklich „fühlen“ können soll.

Wie man der Anleitung entnehmen kann, waren auch speziell auf den U-Force Controller zugeschnittene Spiele geplant. So wurde ein eigener Modus mit spezieller Game Switch-Kombination exklusiv für solche Spiele erstellt. Tatsächlich war mit U-Force Power Games auch ein solches Spiel bei Broderbund in Entwicklung, jedoch hat es dieses am Ende nie in den Handel geschafft. So bleibt das U-Force ein faszinierendes Zubehör mit Potenzial, das allerdings nie auch nur annähernd ausgeschöpft wurde. Gut möglich, dass es seiner Zeit einfach voraus war. Jahre später zeigten Sony, Nintendo und Microsoft, dass mit Bewegungssteuerung und entsprechender Software große Erfolge erzielt werden können.